Ein diversifizierter REIT aus den USA

Liebes Mitglied,

eine Dividendenrendite von 6,9 Prozent sollte bei jedem Investor für Skepsis sorgen. Das trifft auch auf W. P. Carey (ISIN: US92936U1097) zu.

W. P. Carey ist ein in New York City ansässiger Real Estate Investment Trust, kurz REIT. Ein REIT ist eine besondere Form der Immobiliengesellschaft, die rechtlich zwischen einem Fonds und einem Unternehmen angesiedelt ist. Das charakteristische Merkmal eines REITs ist die hohe Dividendenausschüttung. Um auf Unternehmensebene steuerliche Vorteile zu erhalten, sind REITs verpflichtet, 90 Prozent ihrer Gewinne an ihre Investoren auszuschütten.

Der REIT gab im September dieses Jahres eine strategische Neuausrichtung bekannt, die mit einer Dividendenkürzung einherging.

Trotzdem sind wir der Meinung, dass sich hinter der Aktie von W. P. Carey ein REIT verbirgt, der durch ein vorausschauendes Management, ein solides Immobilienportfolio und eine attraktive Bewertung überzeugt. Das bietet genügend Anreiz, um auf eine positive Entwicklung zu setzen.


Ein Blick auf die operativen Grundlagen

W. P. Carey hebt sich jedoch in vielerlei Hinsicht von anderen REITs ab. Das liegt vor allem an seinem diversifizierten Portfolio und der konservativen Strategie des Managements. Mit aktuell 1.475 Immobilien bietet das Unternehmen eine umfangreiche Diversifikation im gewerblichen Sektor. Wichtig dabei ist die geringe Fokussierung auf eine spezifische Branche.

Laut Unternehmensangaben verteilt sich das Portfolio wie folgt:

– Industriehallen: 29,1 Prozent
– Lagerhallen: 23,5 Prozent
– Einzelhandel: 16,9 Prozent
– Büro: 16,2 Prozent
– Mietlager: 4,3 Prozent
– Sonstige: 10,1 Prozent

Der Branchen-Mix ist vergleichsweise ausgewogen. Mit Industrie- und Lagerhallen bedienen die zwei größten Segmente zudem klare Wachstumsmärkte. Sowohl Industrie-Immobilien, als auch Warenhäuser sind derzeit durch den E-Commerce überaus gefragt. Insgesamt ist das Portfolio jedoch überaus diversifiziert. Die regionalen Schwerpunkte liegen jedoch mit 60 Prozent in den USA und mit weiteren 39 Prozent in Europa. Hierbei handelt es sich um stabile Mietermärkte.

Der Überblick über die Top-Mieter spiegelt ebenfalls reichlich Stabilität wider. W. P. Careys größter Mieter ist U-Haul mit einem relativen Umsatzanteil von 2,6 Prozent. Auch staatliche Institutionen wie Andalusien (eine Region in Spanien) tragen zu 2,2 Prozent zum Gesamterfolg bei. Die wohl bekanntesten Mieter sind Obi (1,7 Prozent der Mieterlöse) und Hellweg (2,1 Prozent der Mieterlöse). Insbesondere die Baumarkt-Ketten sehen durch den E-Commerce zugleich keine besonders große Bedrohung.

W. P. Carey setzt bei der Vermietung außerdem auf langfristige Triple-Net-Lease-Verträge. Das ist ein Teil unserer Investitionsthese. Denn diese Vertragsart trägt zum defensiven Gesamtkonzept bei.

Per September dieses Jahres verkündete W. P. Carey eine neue strategische Ausrichtung. Neben der Kürzung der Dividende erklärte das Management, dass man sich von seinem Office-Anteil trennen möchte. Das Büro-Segment wird demnach in Teilen veräußert und der Rest wird per Spin-Off in eine neue Immobiliengesellschaft ausgegliedert.

Diese Neuausrichtung kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem die Leerstandsquote mit 1,0 Prozent vergleichsweise gering ist. Das zeigt, dass die Büroimmobilien perspektivisch eher ein Problem darstellen, von dem sich das Management frühzeitig entledigen möchte.


Warum wir W. P. Carey empfehlen

Das Portfolio von W. P. Carey ist diversifiziert und von einer ausgezeichneten Mieterqualität. Im vorherigen Gliederungspunkt habe ich Ihnen das dargelegt. Entscheidend ist, dass jedoch auch die Mietverträge alleine besondere Stabilität ermöglichen.

Das Management setzt auf langfristige Triple-Net-Lease-Mietverträge. Hierbei handelt es sich um einen Vertrag, der unter anderem die Nebenkosten, aber auch Renovierung und Instandhaltung an die Mieter überträgt. Dadurch entstehen kaum unvorhergesehene Kosten, die Mieterlöse sind entsprechend überaus stabil.

Stabil außerdem für einen langen Zeitraum. Zum Ende des zweiten Quartals lag die durchschnittliche Restvertragslaufzeit bei über 11 Jahren. Das bedeutet, dass die bestehenden Mietverträge im Großen und Ganzen noch elf Jahre operative Stabilität ermöglichen sollten. Zumindest, wenn kein unvorhergesehener Leerstand durch Pleiten oder Insolvenzen eintritt. Das sehen wir derzeit nicht, zumal die Leerstandsquote bei dem REIT bei ca. 1,0 Prozent liegt. Im Branchen-Querschnitt ist das ein Top-Wert.

Doch selbst wenn ein einzelner, großer Mieter in die Krise schlittern würde: Mit maximal 2,6 Prozent der Mieterlöse, die auf einen einzelnen Mieter entfallen, ist das Risiko ebenfalls eher vernachlässigbar. Das operative Fundament von W. P. Carey ist entsprechend stark. Neben den 1.475 Immobilien, wovon selbst nach dem Spin-Off noch über 1.200 Immobilien übrig bleiben sollten, sind insbesondere die Triple-Net-Lease-Verträge ein starkes, qualitatives Merkmal.

Aber das ist nicht die einzige Besonderheit an W. P. Carey. In rund 60 Prozent der bisherigen Mietverträge hat das Management die vertraglich festgelegten jährlichen Mieterhöhungen an die Inflation gekoppelt . Insbesondere in den letzten Jahren konnte W. P. Carey dadurch die Funds from Operations (FFO) je Aktie auf ca. 1,35 US-Dollar je Quartal steigern. Während der Corona-Zeit lag der Wert zwischenzeitlich zwischen 1,20 und 1,25 US-Dollar. Auch die Gesamtjahresprognose für 2023 überzeugt mit einem prognostizierten Rahmen von 5,32 bis 5,38 US-Dollar, worin ein Mietwachstum von durchschnittlich 4,3 Prozent im Vergleich zum Jahr 2022 enthalten ist.

Natürlich werden die Funds from Operations durch den Spin-Off und die Teilverkäufe nicht auf diesem Niveau verharren. Selbst im Worst-Case und wenn wir den Office-Anteil in Höhe von 16 Prozent voll von den Funds from Operations je Aktie abziehen, so sollten wir weiterhin einen Wert von ca. 4,50 US-Dollar je Aktie behalten. Das bleibt wiederum der stabile und starke Kern von W. P. Carey, der zukünftig möglicherweise noch qualitativer wird.

Vergessen sollten wir dabei nicht, dass das Management von W. P. Carey in den vergangenen Jahren weiter in Wachstum investiert hat. Im Jahre 2023 möchte der US-REIT außerdem insgesamt 1,0 Milliarden US-Dollar in weitere Immobilien investieren. Durch derartige Investitionen schafft es das Management, langfristig weiter zu wachsen. Auch die frei werdenden Mittel möchte das Management von W. P. Carey nutzen, um in strategisch sinnvollere Immobilien zu investieren. Das zeigt uns: Es gibt einen klaren, strategischen Plan.

Um das besonders hervorzuheben: Der strategische Reset, der mit dem Kürzen der Dividende einhergeht, erfolgt unserer Ansicht nach zu einem hervorragenden Zeitpunkt. Weder die Office-Immobilien, noch W. P. Carey sind derzeit in einer Krise. Zwar geht das mit Unsicherheit, weniger Funds from Operations je Aktie und auch einer gekürzten Dividende einher. Aber es ermöglicht W. P. Carey, sich deutlich konzentrierter und qualitativer aufzustellen. Und das vollkommen ohne Druck.

Die Bilanz von W. P. Carey ist außerdem vergleichsweise solide im REIT-Segment. Der Cash-Betrag ist mit 204 Mio. US-Dollar zwar (wie für REITs üblich) eher gering. Das Immobilienportfolio ist jedoch zu einem Anteil von 9,2 Milliarden US-Dollar mit Eigenkapital finanziert, weitere 9,8 Milliarden US-Dollar stecken in Fremdmitteln. Ein Kredithebel von etwas mehr als 50 Prozent ist moderat und bietet bilanziell die nötige Flexibilität, um auch jetzt in zukünftiges Wachstum investieren zu können.

Bei einem aktuellen Aktienkurs von ca. 62,30 US-Dollar sehen wir daher einen sehr ausgeglichenen REIT, der für das Jahr 2023 voraussichtlich mit einem Kurs-FFO-Verhältnis von 10 bewertet wird. Selbst nach dem Spin-Off und den Teilverkäufen sollte der Wert die Marke von 12 nicht überschreiten. Perspektivisch besteht die Möglichkeit für operatives Wachstum, das auch wieder mit einer deutlich höheren Bewertung einhergehen sollte.


Eine gekürzte, aber dennoch hohe Dividende

Eigentlich galt die Dividende von W. P. Carey als Paradebeispiel im REIT-Segment. Eine seit dem Börsengang im Jahre 1998 ungekürzte und sogar vierteljährlich stets erhöhte Dividende stand im Mittelpunkt. Das ist in wenigen Wochen, Monaten oder ein, zwei Quartalen mit dem Reset vorbei. Anstatt dem nachzutrauern, sollten wir uns lieber fragen: Was bleibt übrig?

Die Antwort liefert die neue Dividendenpolitik. W. P. Carey möchte demnach zwischen 70 und 75 Prozent der verbleibenden Funds from Operations je Aktie per Dividende auszahlen. 1,071 US-Dollar je Aktie vierteljährlich werden es damit nicht mehr sein. Ausgehend von ca. 4,50 US-Dollar je Aktie und einem Ausschüttungsverhältnis von 70 Prozent im Worst-Case, läge die Dividende je Aktie im Jahr bei 3,15 US-Dollar. Das entspräche einem Quartalswert von 0,7875 US-Dollar.

Natürlich können wir nicht mit Sicherheit sagen, ob unsere Prognosen eintreten. Wobei wir an dieser Stelle bereits sehr konservativ kalkuliert haben. Zu den aktuellen Bewertungen erhielten wir als Einkommensinvestoren damit jedoch weiterhin eine Dividendenrendite von rund 5,85 Prozent. Auch das rechtfertigt unserer Ansicht nach eine Value- und Turnaround-These.

Wichtig ist uns zu betonen: Die Dividende von W. P. Carey wäre eigentlich nachhaltig. Das Management könnte auch einfach das operative Fundament beibehalten, die Dividende nicht kürzen, die Office-Immobilien nicht ausgliedern. Aber: Das macht das Management nicht aus der Überzeugung heraus, das langfristig-orientiert richtige für das Unternehmen zu tun. Zwar handelt es sich hierbei um eine mutige Entscheidung. Aber tendenziell um eine, die den Wert des REITs womöglich stark steigern kann.


Zu beobachtende Risiken

Selbst ein noch so defensiver REIT wie W. P. Carey weist Risiken auf. Die perspektivisch weiterhin rund 5,85 % Dividendenrendite haben ihren Preis und wir führen die Aktie nicht umsonst als Turnaround-Aktie. Entsprechend sollten Sie auch Ihre Positionsgröße wählen. Wir empfehlen lediglich 50 Prozent der üblichen Positionsgröße zu investieren.

Insbesondere die hohen Zinsen haben W. P. Carey zuletzt zugesetzt. Die Aktie ist alleine im Jahr 2023 in Euro um 20 Prozent korrigiert. Seit den Hochs aus dem Jahre 2022 hat die Aktie rund ein Drittel ihres Börsenwertes verloren. Ein wesentliches Kernproblem: Steigende Zinsen sind eine direkte Konkurrenz für die Dividendenrendite, aber auch für die FFO-Rendite eines REITs. Wenn es sichere 5 Prozent Rendite in den USA auf Tages- oder Festgeld gibt, so sind die Investoren in der Regel nicht bereit, ein unternehmerisches Risiko zu tragen. Sie fordern eine günstigere Bewertung und ein höheres Renditepotenzial.

Im Speziellen besitzt W. P. Carey noch ein zweites Risiko durch die gestiegenen Zinsen. Perspektivisch könnte die Fremdmittelfinanzierung teurer werden. Das ist insbesondere deshalb ein Problem, da zwischen den Jahren 2024 und 2026 ein nicht unerheblicher Teil der eigenen Kredite fällig wird und in der Regel eine Anschlussfinanzierung benötigt. Die derzeit höheren Zinsen könnten daher einen Teil des operativen Erfolgs, der freien Mittel und der Funds from Operations je Aktie aufzehren.

Mit einem Ausschüttungsverhältnis von zukünftig 70 bis 75 Prozent besteht für die Dividende jedoch ausreichend Raum, um das kompensieren zu können. Zudem ist nicht gesagt, zu welchen Konditionen W. P. Carey die Anschlussfinanzierung sichern kann. Derzeitige Prognosen sehen eine mögliche Zinswende für das Jahr 2024 als wahrscheinlich an. Das Risiko bleibt daher noch etwas abstrakt, wenn auch greifbar.

Zu guter Letzt müssen wir bei einem REIT außerdem konsequent die Leerstandsquote im Auge behalten. Steigt der Wert – beispielsweise durch Insolvenzen und Mieter in Schwierigkeiten – so könnte eine solche Entwicklung das operative Fundament von W. P. Carey ebenfalls erschüttern. Die Qualität der Mieter ist in Summe jedoch ein starker Indikator. Auch vergangene Krisen konnten ohne signifikante Ausfälle gemeistert werden. Trotzdem: Auch das ist ein Faktor, den wir als Investoren im Auge behalten müssen.


Ein starker REIT zu einem starken Preis

In Summe besitzt W. P. Carey jedoch eine selten vorhandene Qualität im REIT-Segment. Mit 5,85 Prozent Dividendenrendite und einem Kurs-FFO-Verhältnis von ca. 10 ist die fundamentale Bewertung vergleichsweise preiswert.

Derzeit sind es primär die steigenden Zinsen, die die Bewertung auf das derzeit niedrige Niveau gedrückt haben. Genauso wie der Markt, der den strategischen Wechsel und das Kürzen der Dividende verdauen muss. Wir glauben jedoch, der geringe Preis ist das vergleichsweise geringe Risiko definitiv wert.

 

Ich wünsche Ihnen stets gute Investments.

Ihr

Armin Hecktor